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EDIT ORIAL
EDITORIAL
Liebe Tennisfreunde in
Berlin und Brandenburg,
Dr. Klaus-Peter Walter
hatte ich im vorangegangenen Editorial festgestellt, Auf den ersten Blick stimmen sicherlich die Veranstal-
dass nur 8% unserer Vereine eine weibliche Präsi- ter der Turniere zu, die überwiegend durch die Her-
dentschaft angeben, kann ich bei genauerer Daten- renkonkurrenzen am Leben gehalten werden. Aber
analyse und umfassenderer Zuordnung entwarnen. auch das Zahlenverhältnis der Verbandsspieleteams
Es sind sogar 14% und immerhin beteiligen sich gut Männer/Frauen im TVBB Verbandsgebiet ist mit 70%
21% weibliche Vorstandsmitglieder an den vielfälti- überproportional männlich. Eine weibliche Sicht
gen Aufgaben der knapp 1.100 Ehrenamtsträger. Im- könnte daher dieser Männerwirtschaft kontern: ‚Wer
merhin? Hören und lesen wir in unseren Medien nicht will denn diesen Laden!?‘ und sind Wettkämpfe wirk-
ständig, dass das weibliche Geschlecht über die Ma- lich das wichtigste Ziel für die Vereinsarbeit? Vielleicht
ßen im Beruf benachteiligt sei und eine hälftige Quo- gibt es bisher verdeckte Ziele, die eher von weibli-
te das Mittel der Wahl zur Gleichberechtigung wäre? chen Führungskräften hervorgeholt werden könnten.
Zwar ist laut Zensus 2011 das männliche Geschlecht Als gestandener Ehrenamtler erlebe ich zudem gele-
in unserem Verbandsgebiet auf dem Vormarsch, 51% gentlich stundenlange Sitzungen mit zum Teil mage-
Jungen stehen 49% Mädchen gegenüber, doch um ren Ergebnissen, dass etwa ein zuvor als wichtig ge-
die 2% sollte es bei uns nicht gehen. 17.704 unserer nannter Punkt der Tagesordnung verschoben werden
Mitglieder sind weiblichen muss. Neidvoll erkenne ich dann, dass die Frauen es
Geschlechts und bilden mit wohl besser machen, wenn sie kein Ehrenamt anstre-
41% eine respektable Grö- ben und die ‚Männer‘ im Zuge der Arbeitsteilung wirt-
ßenordnung für den dritt- schaften lassen.
größten Fachsportverband in Unversehens stellt sich die zentrale Frage: Für wen
der Metropolregion Berlin. und wofür ist es reizvoll, freie Zeit im Ehrenamt ein-
Doch weshalb fühlen zusetzen? Am exemplarischen Beispiel der Vorstands-
sich nur 228 Frauen ämterverteilung des BSV 92 – kein weibliches Vor-
berufen, Vereins- standsmitglied - und des TC Grün-Weiß Lankwitz – 4
arbeit als Füh- zu 1 weiblich/männlich – zeigen sich keine nennens-
rungskraft zu werten Unterschiede hinsichtlich des Beitrages zur
verantworten? Sportentwicklung in unserem Verbandsgebiet. Der
Die in der Poli- BSV 92 hat ein tolles Preisgeldturnier für Damen und
tik angemahn- Herren aus der Taufe gehoben und unseren Nach-
te schlechtere Be- wuchsspielern Raum zur Bewährung gegeben. Die
zahlung im Job kann Zuschauer nahmen begeistert diesen Impuls auf. Aber
es nicht sein, denn Eh- auch die 100-Jahrfeier des TC Grün-Weiß Lankwitz hat
renamtsträger erhalten weder eine Bezahlung, noch einen respektablen Rahmen für Aufmerksamkeit ge-
einen Bonus. Weitere gesellschaftliche Vorurteile geben, der Sport und Kultur zusammenbrachte. Mit
wie die Vermutung, dass nur „weiße alte Männer“ in jazzigen selbstkomponierten Musikstücken eines
einem Vereinsvorstand anzutreffen sind, hält einer Clubmitglieds hat das Festkomitee einen gelungenen
Analyse nicht Stand: 70% unserer Ehrenamtsträger Beitrag zur Sportentwicklung von Tennisclubs geleis-
sind jünger als 60 Jahre alt und davon über die Hälfte tet, der neben dem Wettkampfcharakter das deut-
jünger als 50 Jahre! Damit kippt auch das gern herbei- sche Vereinsleben kulturell gesellig prägt.
geholte Argument, dass die Jüngeren sich nicht für Die besondere Beziehung zum Verein besteht wohl
ein Ehrenamt begeistern könnten. Im Gegenteil, of- darin, dass man als Mitglied kein Kunde oder ano-
fenbar ist die Altersmischung in den Vereinen sehr er- nymer Sportreibender ist. Die besondere Verantwor-
folgreich. In knapp 30% unserer 189 Vereine liegt der tung als Mitglied besteht darin, dass man berufen ist,
Altersdurchschnitt des Vorstands bei 45 Jahren und das Vereinsleben mitzugestalten, mindestens durch
nur in 10% unserer Vereine ist das Rentenalter mit 65 das Dabeisein. Hierbei ist jedes Geschlecht willkom-
Jahren dominant. men und sollte ermuntert sein, sich für die Entwick-
Dennoch, in 90% unserer Vereine ist das Verhältnis lung unseres Sports Tennis einzusetzen.
männlich zu weiblich männerlastig und bestimmt Ich wünsche allen eine pandemiefreie Wintersaison.
die beklagte Männerwirtschaft, natürlich rein zah-
lentechnisch. Können dennoch die männlichen Funk-
tionsträger mit Fug und Recht behaupten: Wir halten Ihr Dr. Klaus-Peter Walter
halt den Laden zusammen!? Präsident des TVBB
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