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National Ç
Neues vom Deutschen Tennisbund DTB:
Gemeinsam – Weltklasse – entwickeln
„Um im Tennis als Profi
erfolgreich zu werden,
müssen die Eltern entweder
Tennistrainer oder reich sein!“
So kurz und bündig die DTB-Geschäftsführerin Sport,
Veronika Rücker, auf der Klausurtagung des DTB
mit seinen Landesverbänden im Februar.
Im Blick hatte sie dabei die Top 100 der
Weltranglisten ATP und WTA, die Stand Jahresbeginn
elf Athleten aus Deutschland nennen, fünf Männer
und sechs Frauen.
Z ieht man das Internet als Informations- Tennis angesehen werden, obwohl das Brutto- von Wild-Cards wirken, würde doch Nachwuchs-
quelle hinzu, sind von den elf Athleten
inlandsprodukt pro Einwohner hier unter 50.000
spielern die Chance eröffnet, frühzeitig die Welt-
fünf Eltern Tennistrainer, die anderen
zu stabilisieren.
sechs hingegen eher sportaffin, sie sind jedoch PPP liegt. ranglistenluft zu schnuppern und erste Erfolge
Der DTB-Führung ist der Unterschied zwi-
nicht in der Forbes-Liste der reichsten Deut- schen Anspruch und Realität durchaus bekannt. Die Konsequenzen sind auch im DTB-Präsi-
schen genannt. Ein „Future Hero“ hat also durch- Der Anspruch, so der DTB, als größte organisier- dium nicht verborgen geblieben, ist doch nicht
aus Chancen entdeckt und gefördert zu wer- te Tennisnation der Welt muss sein, in den Welt- zu erwarten, dass neue ITF-Turniere wie Pilze
den, sollten seine Eltern weder Tennistrainer ranglistenpositionen 10 Spielerinnen und 10 aus dem Boden schießen werden. Schwerpunkt
noch reich sein. Einvernehmen bestand in der Spieler unter den Top-100 zu haben. Als erste der Klausur war daher insbesondere, welche
Klausur darin, dass wir im deutschen Tennis ein Zielmarke zur Etablierung des Leistungskonzepts Finanzierungsmöglichkeiten gewählt werden
wirkungsvolleres Leistungskonzept anstreben wird angestrebt, Medaillen bei den Olympi- müssten, um schrittweise das von allen Landes-
und etablieren müssen. schen Spielen 2024, 2028 und 2032 für Deutsch- verbandspräsidenten unterstützte Ziel ‚ge-
Ein Blick auf die gegenwärtig erfolg- land zu erkämpfen. Obwohl die Grand Slams für meinsam Weltklasse entwickeln‘ erreichen zu
reichen Nationen könnte als Messlatte eines an- die Spieler weit vorne bei der Umsetzung ihrer können. Anders als bei den Grand-Slam-Natio-
gemessenen Anspruchs hilfreich sein. Orientiert persönlichen Erfolgskurve stehen, möchte der nen wird das erforderliche Geld nicht von oben
an den Nennungen der Top-250 führt Frankreich DTB an den Potas-Fördertöpfen des Staates par- herabschweben, sondern wird von unten wach-
mit 46 Positionen (31 ATP, 15 WTA), gefolgt von tizipieren. Mit dem neuen DTB-Leistungssport- sen müssen. Einen kleinen Beitrag werden wir
den USA mit 45 Positionen (21 ATP, 24 WTA) und konzept wird daher insbesondere das Jahr 2028 als organisierte Tennisspieler leisten dürfen, um
Australien mit 41 (14 ATP, 27 WTA). Italien be- in den Blick genommen. Mit einer abgestimmten die allenthalben beklagte Abstiegsstimmung in
legt bei den Männern Platz 2 (24 ATP, 7 WTA). Die Umsetzungsplanung sollen sich die Landesver- Deutschland zu drehen. Die Hauptakteure des
vierte Grand-Slam-Nation, Großbritannien, liegt bände mit ihren Vereinen und der DTB mit sei- neuen Schwungs sind hingegen noch zu ent-
mit 18 Positionen (9 ATP, 9 WTA) auf Platz 9, di- nen Stützpunkten gemeinsam auf den Weg decken, denn gesucht werden mithin engagierte
rekt vor Deutschland mit Rang 10 (7 ATP, 9 WTA). machen, Weltklasse zu entwickeln. Das Motto Turnierveranstalter, beherzte Vereinsfunktionäre,
Bezüglich der Eigenschaft „reich“ zu sein, können lautet: „Gemeinsam – Weltklasse – entwickeln“! verständnisbereite Eltern leistungsorientierter
die Grand-Slam-Länder durchaus punkten, denn Gemeinsam mit dem DTB und den Landesver- Nachwuchsspieler, aufgeschlossene Tennis-
das Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner liegt bänden, also auch wir im TVBB, sollen die regio- spieler in den Vereinen und Trainerpersön-
deutlich über 50.000 PPP, der „purchasing power nalen Talente auf diesem Weg begleitet werden. lichkeiten die Freude an der Entwicklung des
parity“, die laut Welt-Bank regelmäßig an die Hierbei sind verschiedene Förderkonzepte denk- Nachwuchses aufbringen. Ob der bisherige
Dollarkaufkraft in den USA angepasst wird. Eine bar: von der individuellen Sportlerförderung im Ausbildungsschwerpunkt Kindertennis in den
ganz andere Rangfolge ergibt sich hingegen, Heimatverein, bis zur stärkeren Einbindung der Vordergrund zu stellen, um den Kindern ver-
wenn die Einwohnerzahl der Staaten zugrunde bestehenden jeweiligen Landesleistungszentren meintlichen Erfolg leicht zu machen und Miss-
gelegt wird. Das erfolgreichste Land ist dann mit ihren Verbands- und Vereinstrainern. Viele erfolg nahezu auszuschließen, wird, wie in ande-
überraschend Monaco mit seinen 32.000 Ein- Maßnahmen starteten bereits, doch zeigte sich ren Sportarten zu beobachten, abzuwägen sein.
wohnern. Die Grand-Slam Länder rücken in die- schnell, dass ein neues Bewusstsein aller Be- Ob es gelingt, intrinsisch motivierte Tenniskinder
ser Betrachtung weit nach hinten. Nur Australien teiligten erforderlich sein wird, die angestrebte als „Future Heroes“ zu begeistern, werden die
hält mit Rang 5 eine Spitzenposition, Frankreich Anzahl von Spielern in den Top 100 zu erreichen. nächsten Jahre zeigen.
rutscht auf Platz 17, Großbritannien auf Platz 35, Neben der Fokussierung auf das soziale Umfeld Es gibt viel zu tun, nein nicht: warten wir es
USA Rang 43 und Deutschland auf Rang 41. Die des Heimatvereins des Nachwuchses, zeichnet ab, sondern packen wir es an.
kleineren Staaten wie Kroatien (11 Ränge) und sich als eine wesentliche Maßnahme ab, dass
Tschechien (19 Ränge) belegen die Ränge 2 und die Anzahl der ITF-Turniere deutlich erhöht wer- Klaus-Peter Walter
3 und könnten somit als erfolgreichste Nation im den sollte. Hier soll insbesondere die Vergabe
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