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INTERNATIONAL
noch verlief die Woche hier auf Rasen sehr gut
für mich.“ So konnte sich Samsonova über ein Turnierdirektorin
Preisgeld von 55.300 Dollar freuen und bekam Barbara Rittner
obendrein für den Erfolg auch noch eine Wild-
card für das Turnier in Wimbledon.
Im parallel zum Einzel durchgeführten Doppel-
wettbewerb ging der Titel an die an Nummer
vier gesetzte weißrussische Kombination Vic-
toria Azarenka / Aryna Sabalenka, welche die
topgesetzten Nicole Melichar / Demi Schuurs
(USA / Niederlande) in einer sehenswerten Par-
tie nach 81 Minuten knapp mit 4:6, 7:5, 10:4 in
Schach hielten. Dabei überzeugten die Belarus-
sinnen durch ihr Powertennis.
Deutsche Bilanz durchwachsen
Aus deutscher Sicht verlief das Turnier eher Turnierdirektorin Barbara Rittner:
durchwachsen. Als einzige überstand die Wim-
bledonsiegerin von 2018, Angelique Kerber „Der Nachwuchs braucht noch Zeit”
(WTA 26), die erste Runde durch einen klaren
Sieg über die Qualifikantin Misaki Doi aus Ja-
pan. Anschließend unterlag sie nach gutem Mit zufriedener Miene verfolgte Turnierdirektorin Barbar Rittner die Woche
Spiel Victoria Azarenka mit 3:6, 5:7. Kerber bei den bett1 open. Auf die Frage, wie ihr Fazit zum Verlauf des Turniers aus-
zählte sich vor Turnierbeginn ohnehin nicht sieht, sagte sie: „Es ist alles super gelaufen. Wir hatten eine gute Besetzung
zum Favoritenkreis. Allerdings war ihre Vor- und sehr gutes Wetter. Es war fast schon zu heiß.“ Am meisten freute sie sich
freude auf ihrem Lieblingsbelag riesengroß.
Und gerade an Berlin hat sie gute Erinnerun- während der Turnierwoche, dass vor allem gesellschaftlich wieder etwas lief.
gen. „Vor sechzehn Jahren begann hier meine „Das Publikum war wichtig. Endlich wurden wieder einige Zuschauer zugelas-
Tenniskarriere“, sagte die 33-jährige. Nach der sen. Außerdem ist das Ambiente auf der„Rot-Weiß“- Anlage toll. Ich kannte
Partie merkte sie kritisch an: „Mir sind zu vie- das von früher, da ich ja zu meiner aktiven Zeit hier auch schon am Turnier
le Fehler unterlaufen. Ich hätte mehr riskieren
und aggressiver spielen müssen. Dennoch ha- teilgenommen habe“, so Rittner.
be ich mich auf Rasen sehr wohl gefühlt.“ Dass viele der gesetzten Spielerinnen früh- Die Lücke zwischen den schon etablierten
Azarenka hatte zuvor gegen Andrea Petko- zeitig ausgeschieden sind, stört sie nicht. Spielerinnen wie Anna-Lena Friedsam oder
vic harten Widerstand zu brechen, ehe sie „Dies ist im Damentennis schon seit gerau- Mona Barthel und dem Nachwuchs sieht
die Deutsche, die einige Satzbälle im zweiten mer Zeit zu beobachten. In Berlin spielte si- sie durch die 21-jährige Jule Niemeier ge-
Durchgang nicht nutzte, mit 6:4, 7:6 bezwin- cherlich auch der kurze Wechsel von den schlossen, die in Berlin eine gute Leistung
gen konnte. Ein Lichtblick war zweifelsohne Sandplätzen der vorangegangenen Turnie- ablieferte und das Hauptfeld erreichte.
Jule Niemeier. Die 21-jährige aus Dortmund re auf Rasen eine Rolle. Doch generell mag
überstand beide Qualifikationsrunden und ich Überraschungen und sehe deshalb das
wurde erst im Hauptfeld von der späteren Fi- Ganze positiv.“
nalistin Belinda Bencic in einem engen Match Die 48-jährige ehemalige Kapitänin des
mit 6:4, 4:6, 5:7 gestoppt. Als noch eine Num- Fed-Cup-Teams ist, neben ihrer Tätigkeit
mer zu groß erwies sich die Qualifikation für bei den bett1 open in Berlin sowie als Kom-
die Nachwuchsspielerinnen Julia Middendorf, mentatorin bei Eurosport, beim Deutschen
Noma Noha Akugue und Nicole Rivkin, wo- Tennis Bund als Head of Womens Tennis für
bei es die deutsche Hallenmeisterin Akugue das Damentennis und besonders auch für
in Runde eins bereits mit der späteren Siege- den weiblichen Nachwuchs zuständig. Die-
rin Samsonova zu tun bekam und mit 3:6, 1:6 ser konnte in Berlin noch nicht verstärkt auf
ausschied. Ebenfalls frühzeitig scheiterten Mo- sich aufmerksam machen, doch Rittner ist
na Barthel, Anna-Lena Friedsam und Tamara optimistisch. „Sicherlich sind die Jahrgän-
Korpatsch. ge von 2000 und 2001 etwas schwächer Auf gutem Weg: Jule Niemeier
gewesen. Doch ab 2003 geht es wieder Dass es die jetzige Generation aufgrund
Fazit aufwärts. Immerhin sind erneut Spielerin- der Doppelbelastung Tennis und Schule
Nach dreizehn Jahren Pause darf man den Auf- nen unter den Top 50 der Welt im Juniorin- verbunden mit den coronabedingten Pro-
takt an der Hundekehle durchaus als gelun- nenbereich zu finden“, erklärt Rittner. Dies blemen nicht gerade leicht hat, liegt auf
gen bezeichnen. Ganz besonders freuten sich wird durch die Platzierungen der jeweils der Hand. „Das ist natürlich eine besonde-
die Spielerinnen, dass zumindest eine gewis- 17-jährigen Mara Guth (Nummer 22 der re Herausforderung für die jungen Spie-
se Zahl von Zuschauern zugelassen wurde und Welt) und Julia Middendorf (Rang 27) un- lerinnen. Aber in ein bis drei Jahren soll-
für gute Stimmung sorgte. Auch das Teilneh- termauert. Hinzu kommt die Deutsche Hal- te die eine oder andere auf einem guten
merfeld konnte sich trotz kurzfristiger Absa- lenmeisterin bei den Erwachsenen Noma Weg sein“, sieht Rittner in die Zukunft. Mal
gen einiger Top-10-Spielerinnen durchaus se- Noha Akugue (Nummer 119), die zusam- sehen, ob sich schon im kommenden Jahr
hen lassen. Somit verströmte die Veranstaltung men mit Middendorf in Berlin in der Quali- bei den bett1 open eine oder mehrere deut-
zumindest einen Hauch von Normalität. Bleibt fikation am Start war, und Nastasja Schunk. sche Nachwuchsspielerinnen in den Vorder-
zu hoffen, dass es 2022 mit vollen Rängen noch „Zu erwähnen ist natürlich auch noch die grund schieben können.
besser wird. 19-jährige Alexandra Vecic, die ebenfalls Michael Matthess
gute Fortschritte macht“, ergänzt Rittner. Fotos: Claudio Gärtner-tennisphoto.de
Michael Matthess
Fotos: Claudio Gärtner-tennisphoto.de
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