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                       seit 2013 das Projekt „Tennis für Alle“, in dem Tennis-Aktive
                       unterschiedlicher Alters- und Leistungsklassen mit und ohne
                       Behinderung trainiert werden. Der Input, soll mit Höfkens
                       theoretischem Wissen und praktischer Umsetzung im ergeb-
                       nisrelevanten Output münden – so der Idealfall. Das geschieht
                       nicht im Selbstlauf. Es bedarf ein gewisses Bedingungsgefüge,
                       in dem viele Faktoren stimmen müssen.
                          „Wir brauchen ein Sichtungs- und Fördersystem, das auf-
                       einander aufbaut und gerade in einer im Spitzensport finanz-
                       und materialintensiven Disziplin wie Rollstuhltennis die Ath-
                       leten nicht alleine lässt, sondern sie aktiviert und auch mal an
                       die Hand nimmt. Es gibt da international gute Beispiele, nicht
                       nur in den Niederlanden. Auch so erklärt sich Leistung.“, sagt
                       Höfken mit Überzeugung. In Deutschland sei zwar einiges in
                       Bewegung gebracht worden, es gebe gute Beispiele im Nach-
                       wuchs, „aber es sind zu wenige, auch, wenn wir uns keine Ta-
                       lente backen können“. Christoph Wilke (22) aus Stadthagen sei
                       ein Exempel. Erst 2016 hat Wilke ernsthaft mit dem Rollstuhl-
                       tennis begonnen, bald internationale Turniere gespielt und ist
                       inzwischen als zweitbester Deutscher (hinter Anthony Ditt-
                       mer, Weltrangliste 48) auf Position 85 der Weltrangliste no-
                       tiert. Nach durchwachsener Anfangsdekade des Jahrhunderts
                       ist laut Höfken eine Lücke bei den 20 bis 30 Jahre alten Tennis-
                       Rollies entstanden, die nur durch kontinuierliche Arbeit und
                       nicht auf Anhieb zu schließen sei.
                         „Die Anfänge, siehe Wilke, sind da, aber brauchen per-
                       manente Zuwendung und Pflege. Es sind positive Schrit-
                       te vollzogen worden, aber es ist noch vieles zu tun, um aus
                       Schritten  auch mal einen  Sprung zu machen. Das schließt
                       Überlegungen im Gesamtfördersystem des deutschen
                       Sports ein und betrifft auch und vor allem den Nach-
                       wuchs und den Breitensport. Wir brauchen Zeit, um wie-
                       der in der Weltspitze stärker und länger präsent zu sein.
                       Ich denke da an einen Zeitraum von vier, fünf Jahren“,
                       gibt sich Niklas Höfken zuversichtlich. Tur-
                       niere wie die German Open in Ber-
                       lin seien in diesem Zusammenhang
                       extrem wichtig – gerade auch
                       wegen ihrer Vorbildwirkung und
                       der internationalen Leistungs-
                       träger, die beweisen, wohin
                       man gelangen kann, wenn
                       man sich in eine Passion
                       wie Rollstuhltennis ein-
                       bringt. Höfken spricht von
                       „Leidenschaft“, als er redet,
                       und seine Augen leuch-
                       ten.  Und,  auf  sich  be-
                       zogen, fügt er an: „Das
                       ist  eine Mischung aus
                       Professionalität und
                       Idealismus.“
                             Klaus Weise







     Fotos: Claudio Gärtner-tennisphoto.de






                              Bundestrainer Niklas Höfken

                                                                                                   matchball | 03 – 2024  25
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