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INTERNATIONAL
           INTERNA  TIONAL

                                                                                                        London:
                                                              135. Lawn Tennis Championships, Grand Slam

                                                                       Erster Grand-Slam-Titel


                                                                                         für Rybakina,

                                                                 ein deutsches Wunder und


                                                                      siebenter Djokovic-Sieg



                                                       Auch die Tunesierin Ons Jabeur, Siegerin im Semifinale über die zweifache
                                                       Mutter Tatjana Maria, die ihre Landsfrau Jule Niemeier bezwungen hatte,
                                                       wollte ihren ersten Grand-Slam-Titel gewinnen. Aber im Finale wurde sie
                                                       von der geborenen Russin Elena Rybakina entzaubert, die jedoch für Ka-
           Coco Gauff erwies sich als faire Verliererin   sachstan spielt.
                                   Foto: © Jürgen Hasenkopf  Bei den Herren bestritt Novak Djokovic schon sein achtes Finale an der
                                                       Londoner Church Road, sicherte sich gegen den Australier Nick Kyrgios den
           Battue von Paris weit davon entfernt. Zu druckvoll agierte
           Swiatek, zu flink war sie im Vergleich zu ihren Konkurren-  siebenten Titel auf dem heiligen Rasen des wichtigsten Turniers der Welt.
           tinnen. Bislang war es im Laufe des Turniers lediglich der
           Chinesin Quinwen Zheng gelungen, Swiatek einen Satz   Elena Rybakina (Nr. 17, WTA 23) hat das Finale von Wimbledon gewonnen und durf-
           abzuknöpfen. Die Angelegenheit gegen Kasatkina war   te den ersten Grand-Slam-Titel ihrer Karriere feiern. Gegen Ons Jabeur (Nr. 3, WTA 2)
           nach nur 64 Minuten Spielzeit vorbei.       aus Tunesien kam Rybakina nach einem Satzrückstand zurück und entschied ein ab-
           Gegnerin der Weltranglisten-Ersten im Endspiel war US-  wechslungsreiches Match 3:6, 6:2, 6:2 für sich. Im ersten Satz lief noch alles für Ja-
           Jungstar Cori Gauff, die noch in keinem Grand-Slam-Fi-  beur, die durch ihren Halbfinalsieg gegen Tatjana Maria als erste Spielerin aus der ara-
           nale stand. Die 18-Jährige qualifizierte sich dank eines   bischen Welt den Einzug in ein Grand-Slam-Finale geschafft hatte. Sie dominierte zu
           Zwei-Satz-Erfolgs  über  die  Italienerin  Martina Trevisan,   Beginn des Matches nach Belieben, spielte aggressives Tennis und verschärfte immer
           die schon die Kerber-Bezwingerin, die Russin Aliaksan-  wieder das Tempo. Mit dem zweiten Break zum Satzgewinn bestrafte Jabeur das zu
           dra Sasnovich, aus dem Turnier genommen hatte. Gauff   diesem Zeitpunkt fehleranfällige Spiel von Rybakina und ging in Führung. Der zweite
           ließ ihrer zehn Jahre älteren Kontrahentin beim klaren 6:3   Satz startete direkt mit einem Break – aber für die bis dahin unterlegene Kasachin, die
           und 6:1-Erfolg im Semifinale keine Chance. Zuvor hatte   Jabeur mit einem Rückhand-Slice überforderte. Vom frühen Rückschlag erholte sich
           sie schon Sloane Stephens (USA) und Elise Mertens aus-  Jabeur nicht, beim Stand von 1:2 im zweiten Satz vergab die 27-Jährige drei Breakbäl-
           gebootet.                                   le und fand danach nie mehr zur Dominanz aus dem ersten Satz. Mit ihren übrigen
           Die 21jährige Iga Swiatek fegte in nur 68 Minuten die fast   Aufschlagspielen hatte Rybakina keine Probleme, ein weiteres Break ebnete den Weg
           drei Jahre jüngere Coco Gauff 6:1, 6:3 vom Feld. Es ist der   zum Satzausgleich. Der dritte Satz glich dem zweiten: Zwar nahm Rybakina Jabeur er-
           zweite Grand-Slam-Titel der  Weltranglisten-Ersten, die   neut auch dank einer gut eingesetzten Challenge mit dem Hawkeye gleich das erste
           schon vor zwei Jahren an derselben Stelle gewann.                               Aufschlagspiel ab, schon wieder
           Gauff war eine faire Verliererin: „Du hast es definitiv ver-                    vergab die Favoritin danach zahl-
           dient, du spielst großartig und ich hoffe, wir sehen uns                        reiche Breakbälle. Nach einem
           noch in ein paar Finals“, sagte sie zu Swiatek. Die Antwort:                    zweiten Breakpunkt servierte
           „Das werden wir definitiv.“                                                     Rybakina, die im  Turnierverlauf
           Das Match ist schnell erzählt. Gauff verpennte den Start                        mit Halbfinal-Gegnerin Simona
           komplett und als sie sich ein bisschen fing, war es schon                       Halep zuvor erst eine gesetzte
           zu spät. Sie war sehr nervös, das war in jeder Sekunde zu                       Spielerin bezwungen hatte, sou-
           spüren. Swiatek nutzte das gnadenlos aus.                                       verän zum Titelgewinn aus. Ry-
           Das Finale war die 35. Partie in Folge ohne Niederlage                          bakinas Nervenstärke wurde be-
           und der sechste Turniersieg für Swiatek. Und der fiel ihr                       lohnt. "Zunächst muss ich Elena
           überraschend leicht. Auch im zweiten Satz hatte Swia-                           gratulieren, sie hat wunderbar
           tek nur zu Beginn Probleme, als sie einmal ihr Service ver-                     gespielt", sagte Jabeur. "Ich lie-
           lor. Danach holte sie sich den Aufschlag nicht nur wieder,                      be dieses Turnier so sehr, und ich
           sondern sie machte gleich ein zweites Break. Nach 68 Mi-  Ons Jabeur lobt Rybakina nach dem Finale: “Sie hat   bin sehr traurig. Aber es kann nur
           nuten dann der erste Matchball zum 6:3. Und ihre Posi-  wunderbar gespielt!”    Foto: © Jürgen Hasenkopf  eine Gewinnerin geben."
           tion als Nummer eins des WTA-Rankings ist gefestigter
           denn je. Da halfen auch die lautstarken Coco-Rufe des Pu-  Viele Favoritinnen scheitern zeitig
           blikums nichts, die gern ein engeres Finale erlebt hätten.  Von den 15 Bestgesetzten war in der Runde der letzten acht nur noch Ons Jabeur ver-
           Deutsche Damen spielten in den entscheidenden Runden   blieben. Daran hatten auch die beiden Deutschen ihren Anteil und für das unerwarte-
           keine Rolle. Schunk und Niemeier waren schon nach dem   te deutsche Wunder an der Church Road gesorgt.
           ersten Match ausgeschieden. Petkovic folgte eine Runde   Die zweifache Mutter Tatjana Maria hatte die Griechin Maria Sakkari, Nummer fünf der
           später, verlor gegen Victoria Azarenka. Kerber schaffte es   Setzliste, in Runde drei aus dem Turnier geworfen. Und auch mit den Siegen gegen
           bis in Runde drei, wo sie sich der Russin Aliaksandra Sas-  die auf der Setzliste vertretenen Jelena Ostapenko (Nr. 12) und Sorana Cîrstea (Nr.
           novich 4:6, 6:7(5) beugen musste.           26) weitere Underdog-Siege einfahren können. Jule Niemeier hat sogar die zweitge-
                        Zusammenfassung: Bernd Prawitz (mit Material   setzte Estin Anett Kontaveit beeindruckend deutlich in knapp einer Stunde 6:4, 6:0
                                  von tennisnet.com, DTB, SID)
     68 68  matchball | August 2022                                                        Tennis-Verband Berlin-Brandenburg e.V.
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