Page 70 - matchball 2022-04 eBook
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           TVBB INTERN
                 INTERN
            VBB


                                                                        2001, am 24. Juli, dem zweiten Tag im Sternzeichen Löwe,
                                                                         wurde er ebenda geboren – mithin ist er von Geburt an
                                                                         Deutscher, obwohl er naturgemäß auch fließend russisch
             Berliner Spitzen (2)                                       (und die entsprechende zweite Staatsbürgerschaft be-
             Osman Torski:                                               sitzt) spricht, denn das ist die Standard-Sprache im Torski-
                                                                         Haushalt.
       „Das                                                             glied. Betreut von Vater Abidov (Beruf Maler) galt er früh
                                                                         Per momentum Tennis-Profi
                                                                         Mit fünf hatte er erstmals einen Tennisschläger in der Hand,
                                                                         mit acht wurde er beim TSV Marzahner Füchse Vereinsmit-

                                                                         als außergewöhnliches Talent mit besonderen Fähigkeiten,
                                                                        die nahezu folgerichtig auch in zunehmenden sportlichen
                                                                         Erfolgen mündeten. Der Schüler der Rudolf-Virchow-Schu-
                                                                         le in Marzahn-Hellersdorf, der dort eigentlich das Abitur
                                                                         ablegen wollte, beendete sein Schüler-Dasein jedoch nach
       soll’s noch nicht                                                 der 10. Klasse, weil nach dem sportlichen Wechsel an den
                                                                         Bundesstützpunkt in Hannover sein erfolgter mittlerer
                                                                        Schulabschluss dort nicht anerkannt wurde. „Das bedeute-
                                                                         te, dass ich für mein Abitur noch vier Jahre zur Schule hätte
       gewesen sein!“                                                    gehen müssen.“ Mit Blick auf die angestrebte Tenniskarrie-
                                                                         re war ihm das zu viel – so wurde er per momentum Tennis-
                                                                         Profi. Das Stützpunkt-Training in Hannover mit täglich bis
                                                                         zu sechs Stunden unter hochprofessionellen Bedingungen
                                                                         verfing – die Wirkung war nicht zu übersehen und an Titeln,
                                                                         Entwicklungssprüngen und Erfolgen abzulesen.
             „Ick bin ein Berliner!“, kann er schon fast stilecht       Schon 2010 machte er beim Nationalen Deutschen Jüngs-
             sagen, aber geographisch hat der Ende Juli gebore-          ten-Turnier in Lippe mit Platz 3 in der U 9 auf sich aufmerk-
             ne, einstweilen 21-jährige Tennis-Youngster mit dem         sam, ein Turnier, das z.B. auch Alexander Zverev (2007) und
                                                                         Rudi Molleker (LTTC “Rot-Weiß”, 2009) einmal gewannen.
             nicht unbedingt urdeutschen Namen Osman Torski             Torski wurde 2013 Deutscher Meister der U12 in Ludwigs-
             schon einiges mehr hinter sich als die Spree-Metro-         hafen mit einem 6:4, 7:5-Finalerfolg gegen Justin Schlage-
             pole. 1998 sind Mutter Aida Magomedow (ausgebil-            ter (BAD), nachdem er im Halbfinale seinen TVBB-Kamera-
                                                                         den Jonas Pelle Hartenstein (Sutos) knapp mit 6:7, 6:4 und
             dete Grundschullehrerin, jetzt in der Altenpflege          7:6 besiegt hatte, verlor 2018 das DM-Finale gegen den
             tätig) und Vater Abidov Torski-Maga aus Russland in         acht Jahre älteren Oscar Otte (aktuell im Daviscup-Team),
                                                                         zählte zum DTB Talent Kader, gewann 2020 die Orthomol
             ihre neue Wahlheimat gekommen. Wie viele                    Next Gen-Serie des DTB in der U21 mit zwei Siegen in den
             Landsleute, wurde die vierköpfige Familie (Kamila,          drei Turnieren, überzeugte in einer Reihe von TVBB-Veran-
             8, komplettiert das Quartett) in Berlin-Marzahn             staltungen und überregional.
             ansässig, wo sie auch heute noch zuhause sind.              Fehler warf ihn zurück
                                                                         Geradlinig war sein Weg nicht immer, Auf und Ab wechsel-
                                                                         ten mitunter abrupt. 2019 musste Osman Torski unfreiwil-
                                                                         lig eine Spielpause einlegen, nachdem ihm von der Tennis
                                                                         Integrity Unit (TIU) die Manipulation des Ausgangs eines
                                                                        eigenen Spiels im Oktober 2017 mit Erfindung des Resul-
                                                                         tats vorgeworfen und er daraufhin knapp 17-jährig neun
                                                                         Monate gesperrt (sechs davon auf Bewährung) wurde und
                                                                        erst Ende August 2018 wieder aktiv aufs Feld durfte. Dieser
                                                                         Fehler warf ihn zurück, er beschäftigte ihn mental – „ich ha-
                                                                         be meine Schlüsse daraus gezogen“ – und er brauchte Zeit,
                                                                         um wieder „in die Spur zu kommen“.
                                                                         Dass dieser „Stolperstein“ in Osmans bis dahin weitge-
                                                                         hend geradliniger Karriere zur „Unzeit“ passierte, ärger-
                                                                         te den jungen 1,75 m großen 75-Kilo-Athleten selbst am
                                                                         meisten. „2018/19 war leistungsmäßig mein bis dahin bes-
                                                                         tes Jahr“, sagt er. Er kletterte bis auf Position 150 im Welt-
                                                                         ranking, nahm die nächste Schallmauer in den Blick. Dann
                                                                         kam ein Autounfall dazwischen, nach dem er fast erblin-
                                                                        dete und operiert werden musste. An der Pupille blieben
                                                                        Veränderungen, in der Sonne zu spielen, ist seitdem für
                                                                         ihn erschwert. Seit dem Unfall hat sich Osman Torskis Er-
                                                                         scheinungsbild visuell geändert: Er spielt mit Brille und mit
                                                                        Stirnband, das den Zweck erfüllt, die Brille festzuklemmen.



     70 70  matchball | November 2022                                                      Tennis-Verband Berlin-Brandenburg e.V.
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