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TVBB INTERN
Er brauchte längere Zeit, um wieder an altes Leistungsvermögen heranzukommen.
„Ich habe die Bälle des Gegners spät oder falsch gesehen, zigmal am Ball vorbei ge-
schlagen", erzählt er. Nach und nach verbesserten sich die Auftritte des Noch-Teen-
agers und schrittweise stellten sich wieder Erfolge ein. Aktuell ist er in der DTB-Her-
ren-Rangliste auf Position 76 notiert, nachdem er Ende 2019 Platz 100 und 2020
Rang 87 innehatte. Beim jetzigen Stand, so sagt er etwas zurückhaltend, aber
auch fest und überzeugt, „soll es aber auf keinen Fall bleiben.“
Zum ersten Mal einen Schläger in der Hand hatte er mit fünf Jahren gehabt,
mit acht ist er Mitglied in der Racket-Abteilung des TSV Marzahner Füchse
geworden. Zuvor hatte er sich als Knirps in diversen Sportarten probiert
– Fußball natürlich, Eishockey auch. Dann spornte der tennisbegeis-
terte Vater Agav Magomedov (50), der in der Heimat in Dages-
tan für den Rückspielsport fieberte, aber ohne vorhan-
dene Anlage keine Chance hatte, ihn auszuüben,
den Sohn an, sich mit dem Schläger zu ver-
suchen. Mehr und mehr übte der Filius
und fand Spaß daran. Parallel dazu
wuchs der Ehrgeiz. Als er vom Mar-
zahner Verein zu einem längeren
Probetraining mit zwei Einheiten
jeden Tag animiert wurde, wurde
schnell deutlich, dass sein Talent au-
genscheinlich und seine Fähigkeiten be-
reits über die eines „Anfängers“ hinausge-
wachsen waren. „Als ich gleich zu Beginn gegen
gleichaltrige oder ältere gewonnen habe, die schon
ein, zwei Jahre Praxiserfahrung hatten, waren die Würfel gefal-
len. Das war mein Sport, den wollte ich machen, besser werden und
gewinnen!“ Mit 13, 14 Jahren suchte er auf diesem Wege nach neuen
Trainingsreizen und kompetenten Übungsleitern.
Bei Grün-Weiß Nikolassee fand er sie mit Nicolas Bruns (später auch
im Bundesstützpunkt in Hannover) und Bedingungen, die ihm die
Möglichkeit eines Leistungssprungs einräumten. Aktuell ist Alexander
Betz der Coach der 1. Herren in Nikolassee und damit auch der von Osman
Torski (gemeinsam mit Vater Agav). Die Verbindung zur Heimat Dagestan ver-
sucht der Rechtshänder, der athletisch gerne noch etwas zulegen würde, mit einer
gewissen Regelmäßigkeit aufrechtzuerhalten.
Ohne Tennis geht es nicht
„Einmal im Jahr ist ein Besuch dort an der Reihe, wenn es die Umstände erlauben“,
sagt er. In der neuen Heimat Berlin haben Freunde und Bekannte für ihn einen pas-
senden Spitznamen erkoren: Ossi. Die Familie und Osman, der Name legt es nahe,
sind islamischen Glaubens und der Tennis-Athlet fügt in Bezug auf seine Lebens-
weise auch ohne Nachfrage an: „Ich rauche nicht und ich trinke keinen Alkohol.“
Überhaupt sei er, sagt er schmunzelnd, „absolut pflegeleicht“. Das Wichtigs-
te im Leben ist für ihn in einem Satz zu fassen: „Tennis! Ohne geht es nicht!“
Bei „Niko“ ist er die Nummer 1 des 1. Herren-Teams, in der TVBB-Her-
ren-Rangliste wird er hinter Timo Stodder (LTTC “Rot-Weiß” und Robert
Strombach (BSV 1892) auf Platz 3 geführt. Mit dem Schulende nach
der 10. Klasse und dem Wechsel zum Bundesstützpunkt nach Han-
nover wurde Osman Torski im jungen Alter Tennis-Profi. Er wohnte
mit anderen Tennis-Kameraden im Internat weit weg von der Fa-
milie, wurde als Kader vom DTB gefördert (Fahrtkosten, Verpfle-
gung etc.) und musste im ersten Jahr nur die Wohnkosten tragen.
Einstweilen sind, abgesehen vom gesellschaftlichen Umfeld mit
der Covid-Pandemie, die Bedingungen nicht einfacher gewor-
den. Osman Torski zählt aktuell nicht mehr zum überregiona-
len Kaderkreis, Turnierreisen und damit zusammenhängende
Kosten müssen weitgehend aus eigener Tasche bezahlt und
von hoffentlich erspielten Preisgeldern bezahlt werden.
Klaus Weise, Fotos: © Claudio Gärtner-tennisphoto.de
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